Kaffeeanbau in Madagaskar
Kurz vorab:
Der Kaffeeanbau in Madagaskar reicht bis in die Kolonialzeit zurück und prägt das Land bis heute. Der Text beleuchtet historische Entwicklungen, heutige Produktionszahlen und zeigt, warum Kaffee für die Bevölkerung weit mehr als nur ein Exportgut ist.
Geschichtlicher Ursprung der Kaffeeindustrie in Madagaskar
Im 19. Jahrhundert stand Madagaskar unter der Besatzung der französischen Kolonialmacht. Die Franzosen waren es auch, die die ersten Arabica-Kaffeesetzlinge (Coffea arabica) auf die Insel brachten, die sie aus anderen Kolonialgebieten mitgenommen hatten. Im Zuge dessen wurden landwirtschaftliche Regelungen etabliert, die noch heute Grundlage für den Anbau der Pflanze in Madagaskar sind.
Allerdings scheiterten zunächst erste Versuche, kultivierte Kaffeepflanzen dieses Typs anzubauen, da diese Sorte extrem anfällig für Schädlinge und Pilze war. Wodurch vorwiegend Robusta Bohnen (Coffea canephora) kultiviert worden sind, die dort bereits heimisch waren und im dortigen Klima besonders gut und weniger fragil gediehen.

Diese Sorte ist vom Geschmack herber, mit geringer Säure, aromatisch, würzig sowie fruchtig und unterteilt sich in mehrere Sorten, die auch heute vor allem in Südfrankreich und im gesamten Südeuropa gern getrunken werden. In Madagaskar gibt es heute die größte Vielfalt von Kaffeegattungen weltweit.
In den 30er-Jahren wurden sogar auf den kleineren Farmen, anstatt von Nutzpflanzen vorwiegend Kaffee angebaut, um die Kaffeenachfrage der Kolonialherren zu bedienen. Madagaskar erreichte 1960 seine Unabhängigkeit von Frankreich und seit den 80er-Jahren ist Kaffee das Hauptexportgut des Inselstaates und machte Madagaskar zu dieser Zeit zum achtgrößten Kaffeeproduzenten auf der Welt.
Heutige Bedeutung des Kaffeeanbaus in Madagaskar
Nach einem Einbruch des Kaffeeexports im Jahr 2001 aufgrund von politischen Konflikten, hat der Kaffee in Madagaskar heute wieder Hochkonjunktur – vor allem aber für die lokale Bevölkerung. Kaffee ist für die Madagassen nicht nur ein wichtiges Wirtschaftsgut, sondern eher ein wichtiger Teil des Lebensgefühls.

Für die meisten der über 26 Millionen Bewohner hat Kaffee einen essentiellen Wert und verbindet alle sozialen Schichten miteinander. Kaffee wird hier zu jeder Tageszeit konsumiert. Das einstmalige Exportvolumen kann Madagaskar heute zwar nicht mehr erreichen, aber der lokale Markt bleibt durch die Vorliebe der Bewohner zu diesem leckeren Heißgetränk konstant.
Das erklärt auch, warum 60 % des in Madagaskar produzierten Kaffees auch im eigenen Land bleibt. Heutzutage nimmt Madgaskar auf Platz 22 der Kaffeeproduzenten einen eher untergeordneten Rang ein – es ist mit 2 % an der Kaffeeweltproduktion beteiligt. Allerdings sind die Kaffeebohnen nach wie vor eine der bedeutendsten Exportwaren des Landes. Jährlich werden etwa 46.000 Tonnen Rohkaffee produziert.
Für den Anbau des Kaffees haben sich in Madagaskar häufig Kleinbauern zu Genossenschaften zusammengeschlossen, um Armut und illegale Arbeitsbedingungen zu vermeiden. Der faire Handel, der damit gewährleistet werden kann, ermöglicht ein stabiles Einkommen, Bildung und Gesundheitsversorgung für die produzierenden Landwirte.
Die besondere Kaffeekultur Madagaskars
Das Besondere der Kaffeekultur Madagaskars sind die Straßenverkäufer. Diese beherrschen nicht nur den öffentlichen Kaffeemarkt, sondern auch das Stadtbild der Hauptstadt Antananarivo. Da die wenigsten Einwohner Madagaskars genügend Geld haben, um sich ein ganzes Café anmieten zu können, sieht man die provisorischen Stände überall im Schatten von Sonnenschirmen und Bäumen.
Das Betreiben von richtigen Cafés, wie man sie hierzulande kennt, wird allerdings auch durch die schlechte Versorgung mit sauberem Trinkwasser aus der Leitung und Strom beeinträchtigt. Landestypisch wird der madagassische Kaffee aus den Rohbohnen zubereitet, die mit einer guten Portion Rohrzucker in der Pfanne geröstet und danach zermahlen werden, was dem Getränk einen aromatischen und süßlichen Geschmack verleiht.
